Einheit

Olympiastadion

Olympiastadion von vorne.

Olympiastadion, 2023

Ein Union-Fan mit diversen Aufnähern auf der Jacke geht auf das Olympiastadion zu.

Ein Union-Berlin-Fan auf dem Weg ins Olympiastadion, 27. Januar 1990.

OLYMPIASTADION

Das Einheitsderby von 1990

Nach Jahrzehnten der Teilung Berlins durch die Mauer findet im Januar 1990 das erste Derby zwischen den Fußballclubs Hertha BSC aus West-Berlin und dem DDR-Club Union Berlin im Olympiastadion statt. 50.000 Fans aus Ost und West reisen an und feiern gemeinsam in großer Harmonie. So geht das Spiel als Einheitsderby in die Geschichte ein.

DIE GESCHICHTE HÖREN

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Das Olympiastadion in West-Berlin ist am Nachmittag des 27. Januar 1990 erfüllt von Fan-Gesängen aus Ost und West. Sie feiern und jubeln schon vor dem Spiel und lassen sich auch von dem schmuddeligen Januar-Wetter nicht die Laune verderben. Die Ränge beim Freundschaftsspiel der Zweitligisten sind prall gefüllt. Die Tickets für diesen Tag kosten einheitlich 5 Mark West und 5 Mark Ost. Über 50.000 Fans reisen an, um das erste Derby der beiden Berliner Clubs nach 28 Jahren geteilter Stadt mitzuerleben.

Die Fernsehkommentatoren bescheinigen dem Stadion eine "Länderspiel-Atmosphäre", so freundschaftlich feiern die Stadionbesucher miteinander. Vor, während und nach dem Spiel liegen sich blau-weiß und rot-weiß gekleidete Fans in den Armen. Sie knüpfen damit an eine Fanfreundschaft an, die auch deshalb entstanden ist, weil Hertha BSC im Westen und der 1. FC Union in Ost-Berlin jahrzehntelang in keiner direkten sportlichen Konkurrenz standen. So lautet ein beliebter Sprechchor unter den Fans: "Es gibt nur zwei Meister an der Spree: Union und Hertha BSC". Zum Ärger der Sport- und Parteifunktionäre der DDR drücken sie damit ihre Unterstützung für beide Vereine aus – und ihre Abneigung gegen andere Berliner Clubs, besonders den BFC Dynamo, der als Stasi-Club gilt.

Dass das Spiel 2:1 für die Hertha ausgeht, ist in der Feierlaune der Fans nebensächlich. Ihre Euphorie gilt einem Freiheits- und Gemeinschaftsgefühl. Schließlich schießt sogar ein Profi, der zuvor in der DDR-Liga spielte, das erste Tor für den West-Berliner Club. Ohne den Mauerfall zwei Monate zuvor hätte der Torschütze Axel Kruse nicht auf dem Platz stehen können: Im Sommer 1989 in den Westen geflohen, war er wegen seines bestehenden Vertrags noch gesperrt. Durch die Öffnung der innerdeutschen Grenze konnte Hertha mit Kruses ehemaligem Verein im Dezember 1989 eine Ablösesumme verhandeln und der Stürmer im Januar für Hertha im Olympiastadion auflaufen.

In den kommenden Monaten verlassen zahlreiche Fußballprofis ihre Vereine. In der DDR wies der Staat den Spielern ihren Verein zu. Jetzt können sie selbst bestimmen, wo sie leben und spielen wollen. Viele nehmen Angebote aus der Bundesrepublik an. Von "Ausverkauf" und "Existenzkampf" der DDR-Clubs ist die Rede. Schon beim Rückspiel am 12. August 1990 macht sich die abgekühlte Stimmung bemerkbar. Statt 51.000 Menschen sitzen beim 2:1-Sieg von Union Berlin nur noch etwa 3.500 Fans im Publikum. Letztlich werden beide Vereine im Zuge der deutschen Wiedervereinigung zu Lokalrivalen. Es wird 29 Jahre dauern, bis beide in einem Erstligaspiel gegeneinander antreten.

OLYMPIASTADION

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

Hertha gegen Union – die Fußballvereine aus West- und Ost-Berlin treten im Januar 1990 in einem Freundschaftsspiel gegeneinander an. Die Zeitzeugen sprechen über Verbindendes und Trennendes auf dem Rasen.

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Intro
Axel Kruse schießt das erste Tor für Hertha.
Thomas Skulski spricht über Spielertransfers von Ost nach West.
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Olympiastadion

Den Fall der Mauer im November 1989 erlebt der 1. FC Union in der DDR-Fußball-Oberliga und Hertha BSC als Zweitligist in der Bundesliga. Bereits im Januar 1990 stehen sich die zuvor durch die Mauer getrennten Vereine bei einem Freundschaftsspiel auf dem Rasen des Olympiastadions gegenüber. 51.000 Fans jubeln den Spielern aus West und Ost zu.

ZEITZEUGE

Axel Kruse

Der Profifußballer Axel Kruse flieht im Sommer 1989 bei einem Auslandsspiel seines DDR-Vereins Hansa Rostock in die Bundesrepublik. Nach einer halbjährigen Sperre, dem Mauerfall und der Zahlung einer Ablösesumme feiert Kruse sein Hertha-Debüt und schießt prompt das erste Tor des Spiels.

"Wir haben im Sommer 89 in Kopenhagen gespielt, Intertoto-Runde hieß das, glaub ich, damals. Und dann habe ich rübergemacht. Ich bin dann weg, nach Westberlin, und habe dann nach der Wende bei Hertha angefangen. [...] Ich war erstmal ein halbes Jahr gesperrt, wäre ein Jahr gesperrt gewesen. Aber für mich kam das günstig, dass die Mauer aufgemacht wurde. Und dann gab es Ablöseverhandlungen, hier mit Hansa. Wir haben uns dann getroffen, kurz vor dem neuen Jahr ’90. Hertha hat glaub ich damals 400.000 Mark Ablöse für mich bezahlt. Das war für mich gut, war für Hansa gut, alles schön!"

ZEITZEUGE

Thomas Skulski

Der Wechsel von prominenten DDR-Fußballern sorgt 1989/90 für Aufsehen bei Fans und Vereinen. Sportreporter Thomas Skulski bewertet die Transferpolitik.

"Was hätte man eigentlich anders machen können in diesen Jahren des Umbruchs 89/90, hätte man ein Transferverbot verkünden sollen? Das wäre ja gar nicht gegangen. DDR-Bürgern, die froh sind, dass all diese Verbote und Regularien weg sind – deswegen sind sie ja auf die Straße gegangen. Denen zu sagen, so jetzt habt ihr neue Verbote. DDR-Fußballer aus der DDR-Oberliga dürfen drei Jahre nicht transferiert werden, bis wir eine Regelung dafür gefunden haben. Hätte das funktioniert? Ich glaube nicht."

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