Transformation

Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Im Vordergrund befinden sich die Betonstelen des Denkmals, links im Hintergrund das Reichstagsgebäude mit Kuppel, rechts hinten das weiße Gebäude der Botschaft der USA. Eine weitläufige Wiese, rechts im Hintergrund befindet sich das Reichstagsbäude. Links davon weitere Hochhäuser.

Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas im Frühjahr 2023 und der Standort im Juli 1991.

DENKMAL FÜR DIE ERMORDETEN JUDEN EUROPAS

Ein Denkmal im Zentrum

In den Neunzigerjahren diskutiert Deutschland über ein Denkmal für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Bis 2005 entsteht das Denkmal im Regierungsviertel nahe dem Brandenburger Tor. Heute gehört es zu Berlin und zum öffentlichen Bild der Bundesrepublik.

DIE GESCHICHTE HÖREN

00:00
00:00

„Die Kinder der Mörder sind keine Mörder. … Aber wir können sie dafür zur Verantwortung ziehen, wie sie mit der Erinnerung an das Verbrechen ihrer Vorfahren umgehen.“ So zitiert die Überlebende Sabina van der Linden einen anderen Überlebenden, Elie Wiesel. Sie sprechen für die sechs Millionen Juden, die während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Täterinnen und Tätern ermordet wurden. Diese Worte werden bei der Einweihung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas am 10. Mai 2005 gesprochen.

1988 schlugen westdeutsche Intellektuelle ein Denkmal vor, das an die jüdischen Opfer erinnert. Es soll in Berlin entstehen, wo die nationalsozialistischen Machthaber über den Holocaust entschieden und ihn steuerten. Im Jahr nach dieser Initiative fällt die Mauer, Berlin wird vereinigt und wieder Hauptstadt. Im zusammenwachsenden Berlin bieten sich neue Standorte an. Die Wahl fällt auf eine Fläche nahe dem Brandenburger Tor. Dort war bisher der Grenzstreifen und noch früher die Gärten von Ministerien. Hitlers Reichskanzlei und Bunker lagen direkt nebenan. In der Umgebung wachsen neue Regierungsbauten empor, und so ist der Ort auch eine Botschaft: Das wiedervereinte Deutschland setzt im Zentrum der politischen Macht ein Zeichen für die ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer.

Über die Gestalt des Denkmals gehen die Meinungen weit auseinander. Das Ergebnis eines ersten Wettbewerbs wird verworfen, der Siegerentwurf des zweiten erheblich verändert. Er stammt von dem New Yorker Architekten Peter Eisenman. Auf einer Fläche von zweieinhalb Fußballfeldern sollen 2.700 Betonstelen gebaut werden. Sie haben alle dieselbe Grundfläche und stehen im gleichen geringen Abstand zueinander, sind aber zwischen wenigen Zentimetern und 4,7 Metern hoch und unterschiedlich geneigt. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse bemerkt bei der Einweihung, das Denkmal ermögliche „eine sinnlich-emotionale Vorstellung von Vereinsamung, Bedrängnis, Bedrohung. Es erzwingt nichts.“

Das Denkmal wird 1999 vom Bundestag beschlossen, ebenso die historische Ausstellung am Ort der Information und die Stiftung, die das Denkmal betreut. Ihr Zweck ist „die Erinnerung an den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden Europas“. Das führt zu Debatten über den Umgang mit anderen Opfergruppen. Im Alltag der Touristen ist das aber zumeist nicht spürbar: Das Denkmal zieht jedes Jahr Millionen Besucherinnen und Besucher an.

DENKMAL FÜR DIE ERMORDETEN JUDEN EUROPAS

Zeitzeuginnen und Zeitzeugen berichten

Seit 2005 steht das Holocaust-Mahnmal in der Mitte Berlins. Der Architekt Peter Eisenman berichtet, warum er gerade diese Form für die Gedenkstätte gewählt hat. Die Wahrnehmung des Denkmals durch die Besuchenden ist dabei durchaus unterschiedlich.

00:00
00:00
Intro
Peter Eisenman erklärt sein Konzept für das Stelenfeld.
Rachel Lily Yellin Matsa sieht das Mahnmal kritisch.
Astrid Röwer-Krüger beobachtet das Verhalten der Besuchenden.
Erinnerungen hören Erinnerungen lesen

Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Nach jahrelangen Diskussionen eröffnet 2005 das Denkmal für die ermordeten Juden Europas im Herzen von Berlin. Lange wird über das Denkmal diskutiert.

ZEITZEUGE

Peter Eisenman

Der Architekt des Mahnmals Peter Eisenman erzählt, wie die Idee zum Stelenfeld entsteht.

„Das Projekt war so gewaltig: die Idee des Projekts in der Mitte Berlins und der Auseinandersetzung, den wir mit den politischen Parteien und der jüdischen Gemeinde hatten, die kein Denkmal wollten, die wollten Dinge mit jüdischer Symbolik: Sterne und verschiedene Schriftzüge. Ich sagte: Nein, ich will nichts davon. Ich möchte ein Feld des Andersseins, in dem die Menschen verstehen, dass es anders war, in Deutschland Jude zu sein. Und wie es war, in Raum und Zeit anders zu sein. So sind wir auf das Feld gekommen. Es hatte nicht wirklich etwas mit dem Holocaust zu tun, aber es hatte damit zu tun, dass ich mit einer jungen Frau gesprochen hatte, die mit ihrer Mutter nach Auschwitz ging. Sie kam Ende ´44 von Budapest nach Auschwitz und Mengele war dort und er brachte ihre Mutter dorthin und sie sagte: Nein, ich möchte bei meiner Mutter sein. Mengele trat sie und sagte, du wirst noch früh genug bei deiner Mutter sein. Und sie sagte, in dem Augenblick fühlte ich mich verloren, allein und verloren im Raum. Ich wusste nicht, wie ich mich bewegen und was ich tun sollte. Und ich wollte, dass dieses Gefühl, verloren zu sein im Raum das Denkmal bewohnt.“

“The project was so immense: the idea of the project in the middle of Berlin and the struggle we had with political parties; and the Jewish community didn’t want a memorial, they wanted stuff with Jewish symbolism: stars and kinds of lettering. I said no, I don’t want any of that. I want a field of otherness where people understand that to have been a Jew in Germany was other. And what was it be like to be other in space and time. That’s how we came up with the field. It had nothing to do really with the Holocaust symbolically, but it had to do with the fact that I had spoken to a young woman who went with her mother to Auschwitz. She arrived in Auschwitz from Budapest in late ‘44 and Mengele was there and he took her mother over there and the girl said: "No I want to be with my mother". Mengele kicked her and said, you will be with your mother soon enough. And she said, at that moment I felt lost, alone and lost in space. I didn’t know how to move and what to do. And I wanted that feeling of being lost in space to inhabit the memorial.”

ZEITZEUGIN

Rachel Lily Yellin Matsa

Rachel Lily Yellin Matsa ist Jüdin der zweiten Generation nach dem Holocaust. Sie ist der Meinung, dass das Mahnmal nicht das richtige Gefühl vermittelt.

„Als zweite Generation haben wir den Holocaust erlebt, obwohl ich nicht in diesen Jahren geboren wurde. Wir kennen die Gefühle der Menschen, die den Holocaust tatsächlich erlebt haben. Dieser Zement kann dieses Gefühl nicht vermitteln“.

„As the second generation we experienced the Holocaust although I wasn’t born in those years. We know the feelings of the people who were in the actual holocaust. This cement would not give me this feeling.”

ZEITZEUGIN

Astrid Röwer-Krüger

Astrid Röwer-Krüger bewacht und schützt seit der Eröffnung das Holocaust-Mahnmal. Sie berichtet, wie die Besucherinnen und Besucher mit dem Gedenkort umgehen.

“Manche beschweren sich eben, dass es zu ruhig ist. Manche sagen, sie hätten gerne mehr Ruhe und manche sehen eben nicht ein, dass es hier erlaubt ist, dass man sich zumindest hinsetzen darf. Das empfinden die eben schon als Frevel und andere sagen wieder: Ja, warum dürfen wir uns hier nicht sonnen? Also das wird wohl nie ausbleiben. Dazu ist die Menschheit zu verschieden.“

Erinnerungen schließen

DENKMAL FÜR DIE ERMORDETEN JUDEN EUROPAS

Orte in der Nähe

Entdecken Sie weitere Orte zu den Themen Revolution, Einheit und Transformation in der Umgebung. Die Orte auf der Karte sind weniger als 1 Kilometer entfernt. Setzen Sie die Erkundungstour durch Berlin fort.

Adresse

Cora-Berliner-Straße 1
10117 Berlin
Mehr Informationen​​​​​​​

ORTE DER EINHEIT

Themen erkunden

Der Kampf um Freiheit in der DDR, die Verwirklichung der Deutschen Einheit, das Zusammenwachsen Berlins – vertiefen Sie eins von drei Themen.

Google Maps temporär zulassen
Meine Favoriten
Kulturbrauerei
Berlin
Tränenpalast
Berlin